Der Vorsitzende der BGI-Fraktion, Christian Lange, hat sich mit einem offenen Brief an den Vorsitzenden des veranstaltenden Vereins Dr. Franz-Josef Paefgen und den Münsterpfarrer Dekan Bernhard Oswald gewandt und für die Aufführung des Werks "Salamu" von Robert Maximilian Helmschrott plädiert.

- offener Brief -

Ihre große Verantwortung für die Freiheit von Meinungsäußerung, Kunst und Kultur in Ingolstadt

Lieber Herr Dekan Oswald, lieber Herr Dr. Paefgen,

sehr erstaunt und außerordentlich enttäuscht war ich heute Morgen, als ich erfahren musste, dass Sie beide sich entschieden haben, das am Sonntag geplante Konzert mit der Aufführung des neuen Werks „Salamu“ von Robert Maximilian Helmschrott abzusagen.

Der Verein der Freunde der Musik am Ingolstädter Münster e.V. als Veranstalter ist sicherlich nicht nur für „unpolitische Musikveranstaltungen“ gegründet worden. Wenn Politiker damit beginnen, Menschlichkeit und Menschenwürde infrage zu stellen oder zumindest zu relativieren, dann sollte auch der Verein den Mut haben, diese berechtigte Kritik an einigen Äußerungen von Politikern der CSU-Spitze in einem Konzert zuzulassen.

Inzwischen rufen Menschen in Dresden lautstark, dass es ihnen lieber sei, wenn Flüchtlinge im Mittelmeer „absaufen“, als wenn diese gerettet werden. Soweit sind wir schon gekommen! Der Verein Freunde der Musik am Münster, sehr geehrter Herr Dr. Paefgen, sollte diese Gelegenheit nutzen, sich gegen eine zunehmende Verrohung unserer Gesellschaft zu wenden und sich für den Frieden einsetzen.

Offensichtlich hat sich der Verein jedoch in erster Linie durch die Kirche, vertreten durch Sie, sehr geehrter Herr Dekan, dazu drängen lassen, diese Premiere abzusagen. Die Kirchen haben in der jüngeren Vergangenheit unseres Landes nicht immer eine glückliche Rolle gespielt, wenn es darum ging, Menschlichkeit und Menschenwürde zu verteidigen. Deswegen habe ich mich persönlich sehr über viele Reden und Anmerkungen von Pfarrern, Bischöfen und Kardinälen in den letzten Monaten gefreut, in denen diese sich direkt an Politiker wandten, um die Beachtung der Grundsäulen unseres Staates anzumahnen.

Diese Haltung hätte ich auch von Ihnen erwartet, sehr geehrter Herr Dekan, da ich Sie als einen Menschen kenne, der Diskussionen und anderen Meinungen Freiheit und Raum gibt. In diesem Fall verstehe ich Ihre Entscheidung, den Verein zu drängen, dieses Konzert abzusagen, jedoch überhaupt nicht.

Die Kirche darf (und aus meiner Sicht: muss!) sehr wohl ein Raum für politische Äußerungen sein, wenn es um den Widerstand gegen unmenschliche und die Menschenwürde missachtende Politik geht. Die Rede und das Wort sind die Mittel der Politik, deswegen sollten auch die Kirchen die Worte und die Reden der Politiker kritisch begleiten.

Unser Grundgesetz hat in Art. 5 die Kunstfreiheit als eines der wichtigsten Güter festgeschrieben – warum kann Kunst in diesem Fall nicht auch im Ingolstädter Münster frei sein und frei bleiben?

Ich appelliere an Sie beide, dieses Konzert am kommenden Sonntag durchzuführen und gemeinsam mit dem Komponisten den Ablauf im Vorfeld zu erörtern und einvernehmlich gemeinsam festzulegen. Sie tragen nun eine große Verantwortung für die Freiheit von Meinungsäußerungen, Kunst und Kultur in unserer Stadt.

Daher bitte ich Sie beide, dieses Konzert auf keinen Fall zu verhindern und noch einmal in sich zu gehen und sich für das Konzert zu entscheiden.

Im Voraus besten Dank für Ihr Einlenken.